Der seltenste und unbekannteste Vertreter unter den 4 FCl-anerkannten
Hütehundrassen Frankreichs trägt den Namen der Landschaft, aus der er stammt,
der Picardie. Die Picardie ist eine Region im Nordosten von Frankreich,
die sich nördlich an die lle de France, daß Pariser Becken, anschließt,
verwaltungsmäßig zum Departement Somme gehört und geographisch einen Teil
der „Plaine du Nord" (deutsch: „Ebene des Nordens") darstellt. Durch die
Küstenlaue ist die Picardie eine weitgehend ebene Landschaft, geprägt von
ziemlich feuchtem, maritimem Klima mit häufigen Winden, viele Tage des Jahres
in Nebel gehüllt und daher wie in verschleiertem Licht erscheinend. In dieser
flachen Landschaft war von jeher traditionell die Schaf- und Viehzucht weit
verbreitet und zum Hüten der Schafe bzw. zum Treiben des Viehs verwendete
man die rauhaarigen picardischen Schäferhunde, die darüber hinaus auch die
Funktion von Hofwächtern zu erfüllen hatten. Die picardischen Hunde galten
als mutig und waren jahrhundertelang |
als selbständige, harte Arbeitshunde beliebt und geschätzt. Ihr Typ
dürfte zu jener Zeit - lange vor Beginn der Rassereinzucht - noch variiert
haben: von leichteren Individuen bis hin zu schwereren, darunter auch solchen,
die uns heute wie eine Mischform zwischen Briard und Picard oder zwischen
Briard und Bouvier des Flandres anmuten. Alle rauhaarigen stehohrigen Hüte-
oder Treibhunde wurden damals in Nordfrankreich als „Picard" bezeichnet.
Im angrenzenden französischen Teil von Belgien nannte man sowohl den rauhaarigen
Hütehund wie auch den rauhaarigen Viehtreibhund „Bouvior". Und im niederländisch
sprechenden Gebiet Belgiens wurden alle rauhaarigen Hunde als „Vuilbaard"
(zu deutsch: „Schmutzbart") oder „Pikhaar" (zu deutsch: „Stichelhaar" oder
„Stechhaar") bezeichnet. Aufnahmen von frühen Bouviers des Flandres erinnern
etwas an einen Riesenschnauzer oder an einen sehr kräftigen, hochbeinigen,
dunklen Picard. Aber heutzutage haben diese beiden Rassen nicht mehr allzu
viel äußerliche Gemeinsamkeiten. |