Kein Hund für eine Erziehung nach „Schema F"
Menschen, die einen Hund nicht mit straffer
und konsequenter Hand zu führen vermögen, sollten vom Picard besser die
Finger lassen, denn dieser intelligente Hund neigt dazu, bei zu nachgiebiger
Behandlung selbst das Ruder zu ergreifen. Auch Menschen, die einen Hund
in relativ kurzer Zeit nach Schema F erziehen wollen, sind mit einem Picard
nicht gut bedient und sollten sich Sinnvollerweise lieber einer anderen,
leichter abzurichtenden, Rasse zuwenden. Als „Befehlsempfänger", „Sklave"
oder „Roboter", der fünfmal hintereinander die gleiche Übung ausführt, ist
diese Hunderasse gänzlich ungeeignet. Aber mit Geduld, Phantasie und einem
Schuß Humor, gepaart mit dem nötigen Einfühlungsvermögen, kann man auch
einen Picard unter Kontrolle bringen, und wer das richtige „Feeling" für
diese Sorte Hund besitzt, kann Höchstleistungen aus ihm herausholen. Als
idealer Anfängerhund ist er, so gesehen, sicher nicht zu bezeichnen. Ein
zweiter typischer Wesenzug des Picard ist seine generelle Zurückhaltung
und Reserviertheit gegenüber Fremden, auch gegenüber fremden Situationen.
Diese äußert sich in allgemeiner Vorsicht, in einer Art von Misstrauen gegenüber
unbekannten Personen oder Gegebenheiten, welche man nicht mit Angst verwechseln
sollte, sondern die eher als eine Art gesundes Misstrauen zu deuten sind.
Auch dieser Wesenszug ist uraltes Herden- und Hofhunderbe und aus seiner
ursprünglichen Verwendung her erklärbar. Schon der große Fürsprecher des
Picard, Jean Cotté, schrieb Mitte dieses Jahrhunderts, man müsse den Menschenschlag
seiner Heimat kennen, um den Picard zu verstehen: Hart gegen sich, rauh
und abweisend gegen alles Neue und Fremde, von sturer Beharrlichkeit und
einer gewissen Langsamkeit im Denken geprägt - das seien charakteristische
Eigenschaften der Menschen in den Ebenen Flanderns und der Picardie und
diese Eigenschaften würden auch ihre Hunde kennzeichnen, die in dieser Landschaft
entstanden sind. |